Wenn Selbstfürsorge Schuld auslöst.
- Sandra Maria Sabitzer
- vor 4 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Ich war ein paar Tage bei einer Freundin. Keine Kinder, kein Alltag, kein Dauerrauschen. Es war gut – und gleichzeitig kaum auszuhalten. Weil da sofort diese Stimme war: Du lässt deine Familie im Stich.
Ich weiß, dass ich am Limit bin.
Ich weiß, dass ich eigentlich wochenlang Pause bräuchte.
Und ich weiß, dass mein Mann das alles gut macht.
Aber kaum bin ich weg (und nicht in der Arbeit - das könnte ich noch für mich rechtfertigen) – kaum geht es mir ein bisschen besser – meldet sich das schlechte Gewissen. Diese leise, bohrende Stimme, die fragt:Was, wenn sie dich brauchen? Was, wenn du eine schlechte Mutter bist? Was, wenn deine Tochter glaubt, du lässt sie im Stich?
Ich weiß, dass das Gedanken sind. Aber sie fühlen sich an wie Fakten. Und sie treffen genau da, wo es weh tut: an der Schnittstelle zwischen Liebe, Verantwortung und Erschöpfung.
Der feministische Blick: Diese Schuld ist kein Zufall. Sie ist erlernt. Sie ist das Echo einer Kultur, die Frauen* über Generationen beigebracht hat, dass Selbstaufgabe Liebe bedeutet. Dass eine „gute Mutter“ immer verfügbar ist. Dass Fürsorge selbstverständlich ist – und Pausen Luxus.
Wir nennen es dann „Selbstzweifel“. Aber in Wahrheit ist es kollektive Konditionierung.
Selbstfürsorge ist für viele Frauen kein Wellnessmoment. Sie ist ein innerer Kampf gegen das Gefühl, egoistisch zu sein. Ein Kampf gegen die Idee, dass du nur dann wertvoll bist, wenn du dich für andere aufreibst.
Und genau deshalb ist es feministisch, sich rauszunehmen. Weil jede Frau, die auf sich hört, eine neue Spur legt. Weil jedes Kind, das sieht, dass seine Mutter sich ernst nimmt, eine andere Botschaft lernt.
Ich übe gerade, Schuld in Dankbarkeit zu verwandeln. Dankbarkeit dafür, dass ich Menschen habe, die mich auffangen. Und Mut, zu glauben:Ich darf fehlen, ohne dass jemand Schaden nimmt. Ich darf atmen, ohne mich zu rechtfertigen. Ich darf da sein – auch für mich.
Vielleicht ist das der radikalste Akt von Fürsorge: sich selbst zuzutrauen, dass die Welt weiterläuft – auch wenn man kurz aussteigt.
Was sagst du? Wie geht's dir damit?
Deine

Sandra



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